Die geplante Überbauung Weyermannshaus West soll lange erwarteten Wohnraum bringen. Doch zu strikte Vorgaben und einseitige Fokussierung auf Kostenmieten gefährden die soziale Vielfalt. Bern braucht echte Durchmischung.
Die Überbauungsordnung Weyermannshaus West ist ein wichtiger Schritt nach vielen Jahren Planungsarbeit. Nun gilt es, das Projekt zügig und verlässlich umzusetzen. Doch in zentralen Punkten drohen Fehlentwicklungen, die dem Anspruch eines lebendigen, durchmischten Quartiers widersprechen.
Mobilität
Die Obergrenze von 0,35 Parkplätzen pro Wohnung ist unrealistisch tief. Gerade Schichtarbeitende, Handwerkerinnen und Handwerker oder Familien mit einem Auto sind auf eine gewisse Flexibilität angewiesen. Wer das ignoriert, schliesst ganze Bevölkerungsgruppen aus. Ein lebendiges Quartier braucht nicht nur Velos und ÖV, sondern auch praktikable Lösungen für alle, die auf ein Fahrzeug angewiesen sind.
Soziale Durchmischung
Ein Drittel Kostenmieten kann sinnvoll sein, sofern für eine entsprechende Wohnungszuteilung Bedürftigkeit vorausgesetzt und in der Konsequenz regelmässig kontrolliert wird. Problematisch wird es, wenn der Rest der Wohnungen kaum Vielfalt zulässt. Eigentumswohnungen und frei finanzierte Mietangebote fehlen fast völlig – dabei sind es gerade diese, die Familien, Leistungsträger und die breite Mittelschicht anziehen. Ohne Eigentum und Wahlfreiheit droht eine soziale Einseitigkeit, die langfristig keine stabile Quartiersentwicklung garantiert.
Planungssicherheit
Die Grundeigentümer – Burgergemeinde und Post – brauchen Verlässlichkeit. Nach über 30 Jahren Planung dürfen Zusagen nicht ständig infrage gestellt oder nachträglich verschärft werden. Jeder zusätzliche Aufschub verteuert die Projekte, treibt die Mieten hoch und schwächt den Investitionsstandort Bern.
Fazit
Weyermannshaus West ist eine grosse Chance für die Stadt. Aber nur dann, wenn wir den Mut haben, ideologische Engführungen zu korrigieren: flexible Parkierung, mehr Vielfalt im Wohnangebot und Platz für Eigentum. Bern braucht Quartiere, die alle ansprechen – nicht nur bestimmte Milieus.
Text:
Stephan Ischi
Stadtrat «SVP»
Dipl. Finanz- und Anlageexperte
Vorstand HEV Bern und Umgebung

